BERICHT (2021): Die Bekämpfung des globalen Imperialismus
an unserer lokalen Universität
Wenn man vom Studierendenparlament aufgefordert wird, in "eure Länder" zurückzugehen, wenn euch "die Art und Weise, wie die Dinge hier gemacht werden" nicht gefallen
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Dieser Bericht (2021) mit dem Titel „Die Bekämpfung des globalen Imperialismus an unserer lokalen Universität“ wurde von studentischen AktivistInnen in Zusammenarbeit mit Palästina Antikolonial geschrieben und/oder produziert. Dieses Projekt wird nun durch ein anderes Aktionsbündnis unterstützt. Um über den Bericht (2021) und die damit verbundenen Themen, Gemeinschaftsinitiativen und anhaltenden Diskussionen auf dem Laufenden zu bleiben, sendet uns bitte eine E-Mail an:
grassrootsjusticepalestine@gmail.com
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Inhaltsübersicht:
I. Die Bekämpfung des globalen Imperialismus an unserer lokalen Universität: Wenn man vom Studierendenparlament aufgefordert wird, in "eure Länder" zurückzugehen, wenn euch "die Art und Weise, wie die Dinge hier gemacht werden" nicht gefallen.
I.A. Proteste, die Rassismus und Marginalisierung herausfordern mit der Weigerung zum Schweigen gebracht zu werden
I.B. Ein ‘Contra-BDS’-Antrag, choreographiert über drei StuPa- Sitzungen von Praktikern des Imperialismus und der weißen Vorherrschaft
I.C. Forderung nach Gerechtigkeit wird mit Ausschluss von Universitätsressourcen bestraft
I.D. Fazit: Eine kurze Geschichte des palästinensischen Widerstands und der israelischen Besatzung
II. UPDATE: Ein vierter Protest mit der Forderung nach Gerechtigkeit für Palästina: wurde am Abend des 22. November 2021 vom Studierendenparlament
der Universität Münster mit polizeilicher Repression angegangen
I.A. Proteste, die Rassismus und Marginalisierung herausfordern mit der Weigerung zum Schweigen gebracht zu werden
Am 1. Februar 2021 stellten die sogenannte "Kritische Linke" und die Juso-HSG im Studierendenparlament der Universität Münster einen 'Contra BDS-Antrag' [1] zur Abstimmung. Mit diesem Antrag wollten sie eine Resolution durchsetzen, die die von PalästinenserInnen geführte "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS)"-Bewegung als antisemitisch darstellen würde, trotz der weltweiten Unterstützung von BIPOC und jüdischen BefreiungsgruppenIn dem Bestreben, diese 'Bewegung' zu verhindern oder zumindest ein starkes Statement dagegen zu verdeutlichen, mobilisierte Palästina Antikolonial seine Verbündeten, um an einer Wiederbesetzung des (virtuellen) Raums mitzuwirken, von dem aus das StuPa methodisch vorbereitet hatte, uns zu marginalisieren. Gemeinsam traten wir in das Zoom-Meeting mit Bildern ein, die den Widerstand zum Ausdruck bringen sollten, der seit jeher gegen den globalen Imperialismus und damit gegen die Projekte des Siedlerkolonialismus, der Apartheid und der ethnischen Säuberung, die der Staat Israel den Völkern Palästinas zumutet, geleistet wird. Insgesamt wollten wir zum Ausdruck bringen, dass dieser Wunsch nach Befreiung in der Vielstimmigkeit der revolutionären Stimmen auf der ganzen Welt existiert.
I.B. Ein ‘Contra-BDS’-Antrag, choreographiert über drei StuPa-Sitzungen von Praktikern des Imperialismus und der weißen Vorherrschaft
"Es gibt einen Unterschied zwischen dem Wissen über andere Völker und andere Zeiten, dass das Ergebnis von Verständnis, Mitgefühl, sorgfältigem Studium und Analyse um ihrer selbst willen ist, und auf der anderen Seite dem Wissen - wenn es das ist - das Teil einer allgemeinen Kampagne der Selbstbestätigung, der Streitlust und des offenen Krieges ist."
~Edward W. Said (1935-2003)
Der StuPa-Antrag vom 1. Februar 2021 sah vor, (studentische) Organisationen, die sich mit BDS solidarisieren, als "antisemitisch" zu bezeichnen, um sie zum Schweigen zu bringen und antiimperialistische Studentenbewegungen von wichtigen universitären Ressourcen auszuschließen. Der Antrag ist eine weitere Manifestation imperialistischer Haltungen in der allgemeinen Absprache zwischen israelischen und deutschen Behörden, um alle einheimischen Palästinenser, die palästinensische Diaspora und die Verbündeten der Palästinenser zu entmenschlichen, die sich gewissenhaft gegen die jahrzehntelangen Projekte des Staates Israel für Siedlerkolonialismus und zionistische Vorherrschaft wehren. Dabei handelt es sich um laufende Projekte, die in der Gründung des Staates Israel selbst ihren Ausdruck gefunden haben und die den Ländern, Völkern und Erzählungen des historischen Palästina aufgezwungen wurden. Seit dem frühen 20. Jahrhundert wurden diese Maßnahmen konsequent von der Militärmaschinerie globaler Mächte, wie den bevorzugten Sponsoren des Staates Israel im britischen, französischen und amerikanischen Imperium unterstützt und waren darüber hinaus über sieben Jahrzehnte lang für die systematische ethnische Säuberung und den Missbrauch von Millionen einheimischer Palästinenser aller Glaubensrichtungen und kultureller Verschiedenheiten verantwortlich. Der jüngste Antrag zielt folglich auch darauf ab, den öffentlichen Diskurs von den Handlungsaufrufen palästinensischer Organisationen (d.h. BDS) und anderer Menschenrechtsbewegungen, die gemeinsam eine historisch starke Solidarität gegen diese und andere Ungerechtigkeiten teilen, abzutrennen, wenn nicht gar ganz zu "säubern". Der StuPa-Antrag ahmt damit die jüngsten Entscheidungen des AStA der Universität Münster nach, Organisationen wie Palästina Antikolonial auf ihre Liste "antisemitischer Gruppen" zu setzen, und ebenso die Entscheidung der Behörden der Stadt Münster, Palästina Antikolonial bei der nun ironisch betitelten Veranstaltung der Stadt "Wochen gegen Rassismus" kurzerhand auszuschließen. Diese Maßnahmen werden durch ahistorische Annahmen motiviert, die die jahrzehntelangen intellektuellen und menschenrechtlichen Diskussionen verdrängen, die einerseits den Staat Israel als einen siedler-kolonialistischen Vasallen imperialistischer Mächte und andererseits den palästinensischen Widerstand als einen der Dekolonisierung anerkennen, der von den Völkern der progressiven BIPOC-, jüdischen und antiautoritären Bewegungen auf der ganzen Welt gefordert wird.
Die Entscheidungen des StuPa, des AStA und der Stadt Münster lassen sich in ihrer Schwere im Kontext solcher historischer Auslassungen und Fehlkonzeptionen verstehen, eine problematische Situation, die insgesamt von den Kadern tendenziöser deutsch-israelischer Lobbygruppen gefördert (wenn nicht gar gestaltet) wurde. Ein Beispiel dafür ist die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG), die ähnlich wie die Antideutsche-Bewegung Einschüchterungstaktiken anwendet, wobei die Antideutsche Bewegung oft ihren Einfluss geltend macht, um jeden zu entmündigen, der sich gegen den Staat Israel ausspricht (z.B. durch „Antisemitismus“-Vorwürfe, um zu erreichen, dass Personen ihren Job verlieren). Die Jugendorganisation der DIG (JuFo) ihrerseits hat auf ihrer Instagram-Seite ohne unsere Einwilligung Fotos von Palästina-Antikolonial-Mitgliedern geteilt, die an der StuPa-Sitzung teilgenommen haben, sowie Palästina-Antikolonial-Mitglieder als TrägerInnen des "Markenzeichen des palästinensischen Terrors" (d.h. ihre rassistische Bezeichnung für die Kufiya) bezeichnet [1]. Diese weithin islamophobe Sprache, mit der nicht zuletzt PalästinenserInnen und UnterstützerInnen des palästinensischen Widerstands entmenschlicht werden, spiegelt zudem die diskriminierenden Äußerungen vieler StuPa-Mitglieder wider, die während beiden Sitzungen im Februar direkt gegenüber Mitgliedern von Palästina Antikolonial gemacht wurden. Abgesehen davon, dass sie jeden Diskussionspunkt unkritisch als "antisemitisch" abtaten und dass sie jeden, der mit palästinensischen Widerstandsbewegungen wie der (strategisch dezentralisierten) Initiative für wirtschaftliche Gerechtigkeit "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen" (BDS) in Verbindung gebracht wird, als "Terroristen" reduzierten; gingen StuPa-Mitglieder sogar so weit, den Studierenden der Universität Münster in Palästina Antikolonial zu sagen, sie sollten zurück in ihre Länder gehen, wenn ihnen nicht gefalle, "wie die Dinge hier gemacht werden."
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Das dritte Mal, dass Palästina Antikolonial und Verbündete an einer StuPa-Sitzung teilnahmen und gegen den sogenannten "Contra-BDS"-Antrag protestierten, fand am 5. Juli 2021 via Zoom statt. Nach den ersten beiden Sitzungen im Februar 2021 hatten die MitgliederInnen von Palästina Antikolonial hinreichenden Grund zu der Annahme, dass sie sich in ein außergewöhnlich feindseliges Umfeld für Studierende der Universität Münster begeben, die sich mit der kritischen Situation des so genannten "Israel-Palästina-Konflikts" auseinandersetzen. In Vorbereitung auf die StuPa-Sitzung recherchierten die MitgliederInnen von Palästina Antikolonial intensiv zu den Verflechtungen und Zusammenhängen der palästinensischen Situation. Diese intensive Recherche verfolgte das Ziel, eine Vielzahl von didaktischen Texten zu erstellen, die während der StuPa-Sitzung vorgelesen werden sollten. Die Texte behandeln eine Vielzahl von Aspekten, darunter: (1) Informationen und Aufklärung über BDS und dessen Strategien/Ziele, (2) die weltweite Anerkennung Israels als Apartheidstaat durch Menschenrechtsorganisationen/AktivistInnen, (3) die akuten Lebensbedingungen von Palästinensern unter israelischer Besatzung, (4) Erläuterungen zum Konzept des Siedlerkolonialismus, (5) palästinensischer/postkolonialer Widerstand während und seit der Nakba, (6) herausgegebene Schriften eines südafrikanischen Rabbiners, in denen die Apartheid in Israel und Südafrika verglichen wird, und (7) die Geschichte der systematischen Schwarzenfeindlichkeit des Zionismus, die sich nicht zuletzt gegen jüdische Menschen außereuropäischer/westlicher Abstammung richtet und von den Behörden des Staates Israel institutionalisiert und verankert wurde [2].
Das Thema des "Contra-BDS"-Antrags wurde in den späten Abend der StuPa-Sitzung am 5. Juli hineingeschoben. Wie schon in den beiden vorangegangenen Sitzungen im Februar änderte das StuPa auch beim Thema "Contra-BDS"-Antrag abrupt die Regeln für die Diskussion. Erstens haben die Mitglieder der StuPa-Mehrheit und die ModeratorInnen alle Profilbilder verboten, die sie für unzulässig "politisch" hielten, ohne in einem transparenten Verfahren zu klären, was sie unter diesem Verstoß verstehen. Zweitens beschränkten sie die Redezeit für alle Studierenden auf jeweils zwei Minuten und nur, wenn der "Contra-BDS"-Antrag eingebracht wurde. Drittens sperrte das StuPa die Kameras nur bei den TeilnehmerInnen, die Kufiyas trugen. Die ModeratorInnen begründeten diese Entscheidung damit, dass sie Kufiyas für eine politisch unangemessene Kleidung hielten, obwohl es sich bei der "Contra-BDS-Diskussion" um ein explizit politisches Studentenforum handelte, das dennoch von dieser oxymoronischen Entscheidung betroffen sein sollte.
Die restriktiven Regeln, die zu Beginn und während der gesamten Diskussion aufgestellt wurden, gaben den Ton für die antidemokratische Blamage an, die sich daraus entwickeln sollte. Nachdem zwei Mitglieder von Palästina Antikolonial jeweils nur zwei Minuten Zeit bekamen, um Auszüge aus den vorbereiteten Texten vorzulesen, versuchte die StuPa-Mehrheit, die Diskussion komplett zu beenden, um zu verhindern, dass weitere Studierende zu Wort kommen. Diesem Silencing folgte zudem eine herablassende Haltung der Moderatoren gegenüber den protestierenden Studierenden. Sie behaupteten den Protestierenden gegenüber, dass das StuPa keine aktive Diskriminierung von Studierenden beabsichtige, lehnten es jedoch ab, in Situationen einzugreifen, in denen das Kräfteverhältnis unangemessen in Richtung Ausgrenzung und Mehrheitsbildung verschoben war. Das Versprechen der Moderatoren, den Studierenden am Ende der Sitzung Redezeit zu gewähren, wurde nicht eingehalten, obwohl dies den studentischen Mitgliedern von Palästina Antikolonial über private Chatprotokolle während der Sitzung wiederholt versichert wurde. Dies war nur eines von vielen Indizien dafür, dass es sich bei den Machtmissbräuchen der StuPa-Mehrheitsmitglieder und der mitschuldigen Moderatoren während der gesamten Sitzung um hektische Diskriminierungsakte handelte, ie, auch wenn sie vorgeblich "unbeabsichtigt" waren, keineswegs "alles Teil des Prozesses" waren, wie ein StuPa-Moderator in privaten Chats erneut behauptet hatte. Vielleicht dient das nächste Detail als passende Analogie für den absurden Umgang mit grundlegenden demokratischen Prozessen in diesem Gremium, das behauptet, "für die Studierenden" zu sein - eine Behauptung, die in ihrer Absurdität noch verstärkt wird, wenn man sich daran erinnert, dass das StuPa-Gremium, das in dieser Zeit gewählt wurde, mit Stimmen von nur 9,7% der Studierendenschaft der Universität Münster "gewählt" wurde. In einem entscheidenden Moment des Abstimmungsverfahrens für den "Contra-BDS"-Antrag äußerten Parlamentsmitglieder langwierige und erhebliche Verwirrung darüber, worüber sie überhaupt abstimmten, was (zumindest) zeigt, dass diesen Parlamentsmitgliedern keine angemessene Chance gegeben wurde, den Antrag und seine entscheidenden Zusammenhänge angemessen zu verstehen, um ihre Stimme verantwortungsvoll abzugeben.
I.C. Forderung nach Gerechtigkeit wird mit Ausschluss von Universitätsressourcen bestraft
"Als Kind von vier Jahren sah ich mich mit den Erwachsenenproblemen von Leben und Tod, Recht und Unrecht belastet. Ich, als Träumerin, die in einem überfüllten Zimmer, in einer Seitenstraße in Sour, von einer blauen UN-Rationierungskarte lebte, bin Zeugin der zionistischen Unmenschlichkeit. Ich klage die Welt für ihre Duldung meiner Zerstörung an."
~Leila Khaled (geboren 1944) Palästinensische Geflüchtete und Widerstandskämpferin
BDS ist eine von Palästinensern geleitete Widerstandsbewegung, die sich mit wirtschaftlichen Strategien gegen das imperialistisch unterstützte Projekt des Siedlerkolonialismus des Staates Israel organisiert, das trotz Generationen von Protesten der Bevölkerung in der gesamten Region des historischen Palästinas rücksichtslos vorangetrieben wird. Wie alle Projekte des Siedlerkolonialismus ist auch das des Staates Israel mit ausbeuterischen und autoritären Systemen wie dem europäisch-amerikanisch geführten militärisch-industriellen Komplex und insbesondere dem jüngsten Vorstoß des von den USA geführten "Krieges gegen den Terror" verbunden und wird von diesen wiederum aufrechterhalten. Seit mehr als sieben Jahrzehnten wird das Projekt des Siedlerkolonialismus von den Behörden des Staates Israel durch scheinbar endlose militärische Kampagnen gegen die einheimische Bevölkerung des historischen Palästinas und durch brutale Besatzungen vorangetrieben. Palästinensische und andere Befreiungsbewegungen auf der ganzen Welt haben aus gemeinsamer historischer Erfahrung seit langem erkannt, dass diese Art von immer weiter fortschreitender militärischer Besatzung strategisch für die grundlegend vorherrschaftlichen Ziele von imperial unterstützten Mächten wie dem Staat Israel ist, um ein "Apartheid"-Regime zu errichten und aufrechtzuerhalten, durch das eine Gruppe - d.h. euro-amerikanische zionistische Siedler - die Ressourcen einer Region an sich reißt und die totale Herrschaft über alle anderen Völker anstrebt, die seit Generationen auf diesem Land zusammenleben: die Vielfalt der einheimischen Gemeinschaften Palästinas. Im Kampf gegen Siedlerkolonialismus und Imperialismus sind palästinensisch geführte Widerstandsbewegungen wie BDS solidarisch mit bewährten Mitgliedern der südafrikanischen Anti-Apartheid-Partei/Bewegung "African National Congress", mit Generationen schwarzer Befreiungsbewegungen von der "Black Panther Party" bis zu #blacklivesmatter, sowie mit jüdischen People of Color und Organisationen wie "Jewish Voice for Peace". Darüber hinaus veröffentlichte die in Israel ansässige Menschenrechtsgruppe "B'Tselem" im Jahr 2021 eine eindringliche Kritik an den Staat Israel, in der jahrelange Forschung, Zusammenarbeit und Engagement mit palästinensischen Verbündeten in ihrem Bericht "This is Apartheid" [3] zusammengefasst wurden. Seitdem sind noch mehr Menschen nicht nur zu der Einsicht gelangt, dass der Staat Israel mit den Grausamkeiten des Völkermords und der Apartheid gegründet wurde und aufrechterhalten wird, sondern auch zu der absoluten Notwendigkeit, sich ausnahmslos gegen den Imperialismus und gegen seine systemische Ausarbeitung und parasitäre Delegation in siedlungskoloniale Bewegungen auszusprechen und mutig zu handeln, wofür der Zionismus und der daraus resultierende Apartheidstaat Israel ein ungemein grausames Beispiel sind.
Allein im vergangenen Jahr haben verschiedene internationale Menschenrechtsgruppen (endlich) den Aufrufen von Gemeinschaften an der Basis in Palästina und anderswo Gehör geschenkt, sich ernsthaft, radikal, kontinuierlich und ausnahmslos für wiedergutmachende Gerechtigkeit einzusetzen. Die in New York ansässige "Human Rights Watch" und "Amnesty International" (mit Ausnahme von Amnesty International Deutschland, wie es scheint) sind nur zwei Beispiele für internationale Organisationen, die öffentlich auf die intellektuelle und aktivistische Arbeit der generationenübergreifenden, von Palästinensern/BIPoC geführten Bewegungen reagiert haben, und zwar mit jeweils eigenen Berichten, die die Entlarvung des Apartheidregimes des israelischen Staates weiter verstärken [4][5]. Und wenn wir die Aufmerksamkeit auf lokale und studentische Aktionen in Deutschland lenken, haben (Solidaritäts-)Gruppen wie Palästina Antikolonial damit begonnen, den Druck auf Institutionen zu erhöhen, die an Rassismus und Imperialismus mitschuldig sind, die solche Gräueltaten wie den anhaltenden Völkermord des Staates Israel an den palästinensischen Völkern untermauern. So bekräftigten studentische AktivistInnen von Palästina Antikolonial ihre leidenschaftliche Unterstützung für BDS und entlarvten die Formen des rassistischen Antisemitismus, die von der Verwaltung der Universität Münster scheinheilig gedeckt werden, indem sie den "Offenen Brief von 240 jüdischen und israelischen WissenschaftlerInnen an die deutsche Regierung, BDS NICHT mit Antisemitismus gleichzusetzen" während der vierten der Palästina Antikolonial-Proteste gegen den Contra-BDS-Antrag des StuPa, welcher am 22. November 2021 im Universitätsschloss statt fand, vorlasen (siehe Abschnitt II dieses Dokuments).
Ungeachtet der vielen Versuche von Palästina Antikolonial, über dieses Thema zu sprechen, hat das StuPa der Universität Münster die Pathologisierung von BDS fortgesetzt und verkündet, dass es jeden ausschließen würde, der sich der Bewegung anschließt oder auch nur ihre ultimativen Ziele der palästinensischen Befreiung und weltweiten Dekolonisierung unterstützt. Der beschlossene Antrag droht nun, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Palästina Antikolonial und anderen marginalisierten studentischen Gruppen, wie dem BIPoC-Referat, dem Referat für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende und Studieren mit Kind (neben vielen anderen), stark einzuschränken. Wir gehen davon aus, dass sich das StuPa und seine MitgliederInnen nun ermutigt fühlen, diesen ausgrenzenden Einfluss auszuweiten, um marginalisierte Studierende weiter zu schikanieren. Wenn wir als Gemeinschaft dies nicht in Frage stellen, könnten wir erleben, dass das StuPa seine Praxis der faschistischen Klausel ausweitet, die heimtückischerweise ihren "Contra-BDS"- und andere damit verbundene Anträge unterstreicht: dass alle GastreferentInnen, Initiativen oder sogar literarische/curriculare Empfehlungen einen politischen Lackmus-Test bestehen müssen, bevor sie im Kontext der Universität und der Studierendenschaft teilnehmen oder Unterstützung erhalten [1]. Der Lackmustest würde dazu dienen, BDS-Sympathisanten zu "enttarnen", sie zu bestrafen und so eine Illusion von ideologischer "Reinheit" als Voraussetzung für diejenigen zu erzeugen, die als würdig genug angesehen werden, die " Studierendenschaft" zu vertreten. Diejenigen, die die StuPa-Mehrheit in dieses Gremium aufnehmen will, sind daher standardmäßig nur diejenigen, die eine kriecherische Unterstützung für zionistische Projekte zulassen: nämlich die Apartheid und die Besetzung von Palästina, die ethnische Säuberung und die Unterdrückung der Palästinenser und die Verherrlichung des Staates Israel als ein gegen Kritik immunes Gebilde. Alle anderen Ansichten werden zunehmend ausgeschlossen.
Der Antrag schadet nicht nur den palästinensischen Studierenden und der Diaspora in Münster, sondern schränkt auch die Bemühungen von BIPoC-Studierenden gegen den Imperialismus an unserer Universität ein, indem er einen entscheidenden Kontext - die andauernde Besatzung Palästinas durch den Siedlerkolonialismus - von einer sinnvollen Kritik und Verknüpfung mit den anderen Kontexten der Unterdrückung ausschließt, die der Staat Israel und seine (insbesondere) westlichen Verbündeten gemeinsam verstärken. BIPoC-Studierende und alle historisch unterdrückten, marginalisierten Studierenden und Menschen in Münster werden durch die aktuelle(n) Entschließung(en) des StuPa systematisch mundtot gemacht, beginnend mit dem Antrag, der von der sogenannten "Kritischen Linke" und Juso-HSG im Jahr 2021 eingebracht wurde. Die "Kritische Linke", die Juso-HSG und das StuPa sind so weit gegangen, BDS sowie jeden wirksamen Widerstand gegen die imperialistischen und siedler-kolonialistischen Projekte des Staates Israel unaufrichtig als Beispiele für "Antisemitismus" zu kategorisieren. Auf diese Weise wird der Begriff des Antisemitismus missbraucht, um eine Agenda der Beschönigung voranzutreiben, die unter anderem darauf abzielt, sowohl die Vielfalt des Judentums als auch die historische Geschichte des Judentums zu reduzieren, indem diese monolithisch mit dem Staat Israel und seinen zionistischen Behörden in Verbindung gebracht werden. Dieser reduzierende und ausgrenzende Ansatz, der mehrheitliche Prozess seiner Legitimierung in Gremien wie dem StuPa und die penetrante Besessenheit von ideologischer Reinheit unter den Befürwortern der "Contra-BDS"-Bewegung(en) zeigen, wie White Supremacy und imperialistisches Denken sowohl schleichend als auch explizit in Universitäten und anderen Institutionen in Deutschland fortbestehen.
I.D. Fazit: Eine kurze Geschichte des palästinensischen Widerstands und der israelischen Besatzung
"Glaubst du, wenn sie von Jerusalem singen, meinen sie unsere eigenen gewölbten Straßen, gepflasterten Gassen und terrassenförmigen Hügel? Niemals. Christus ist für den Westen zu einer Idee geworden - einer abstrakten Idee mit einem Schauplatz, aber der Schauplatz hat jede geografische Bedeutung verloren. Für sie ist das Heilige Land ein Märchenland... Aber für uns ist die Geographie real und unentrinnbar. Wenn sie von Jerusalem singen... meinen sie nicht unsere Stadt.
~Aus Hunters in a Narrow Street, von Jabra Ibrahim Jabra (1920-1994)
Palästinensisch-irakischer Schriftsteller, Dichter, Künstler und Intellektueller.
Viele haben auch die Enteignung und Verfolgung der PalästinenserInnen in Israel und den "besetzten Gebieten" als Apartheid bezeichnet, ein aktuelles Beispiel ist die Erklärung "THIS IS APARTHEID" der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem [3]. Welchen Begriff wir auch immer hören, für die Millionen von PalästinenserInnen, die unter aufgezwungenen Bedingungen von Besatzung, Diskriminierung und Exil leben, ist die Situation eine jahrhundertelange Katastrophe - beginnend mit der kolonialistischen Balfour-Deklaration durch das britische Empire im Jahr 1917, und noch immer ist kein gerechtes Ende in Sicht. Im Jahr 1948 kam es zur Nakba, bei der der Staat Israel 750.000 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieb, 530 Dörfer zerstörte und 15.000 Zivilisten massakrierte. 1967 begann der Staat Israel offiziell mit der Besetzung der palästinensischen Gebiete, ein Erbe, das mit der Zerstörung weiterer Dörfer und Olivenhaine, der Vertreibung von Menschen aus ihren Häusern und der Kolonisierung des ethnisch gesäuberten Landes mit Hunderten von exklusiven Siedlungen, die für jeden, der nicht der Definition der Besatzer von "israelisch-jüdisch" entspricht, verschlossen sind, weitergeht. Heute leisten die PalästinenserInnen Widerstand gegen Militarismus, polizeiliche Repression und Engstirnigkeit und sind entmenschlichender Gewalt ausgesetzt, selbst wenn sie gegen die inhumane Situation protestieren. Nach Angaben der Vereinten Nationen töteten die israelischen Verteidigungskräfte 180 und verwundeten oder verstümmelten 29.000 palästinensische Demonstranten im Jahre 2018, viele der Opfer waren auch Minderjährige, Journalisten und Rettungskräfte.
In der Tat offenbart die historische Analyse der gegenwärtigen Situation einen aufschlussreichen Kontrast zwischen der ungebrochenen Gegenseitigkeit von palästinensischen und BIPOC-Widerstands- und Befreiungsbewegungen einerseits und den durchweg autoritären Abhängigkeiten sowohl des zionistischen Denkens als auch des Staates Israel von kolonialistischen Mächten und jahrhundertelangen orientalistischen Diskursen, von mehr als einem Jahrhundert militaristischer Interventionen und von einer beunruhigenden und ständig wachsenden Liste von Menschenrechtsverletzern und ihren unterwürfigen Entschuldigern (d. h. eine Liste, zu der nicht zuletzt die Apartheid-Regierung Südafrikas und der militärisch-industrielle Komplex der USA gehören).
In Münster, Deutschland, werden Gruppen von palästinensischen, BIPOC- und antiimperialistischen Studierenden routinemäßig zum Schweigen gebracht, ausgegrenzt oder als antisemitisch bezeichnet - von scheindemokratischen studentischen, städtischen oder universitären Gremien. Nicht nur, dass wir und unsere aktivistischen Verbündeten kaum die Möglichkeit haben, unsere Positionen zu verdeutlichen, der "offizielle" Ausschluss von Palästina Antikolonial ermöglicht es den meist weißen Studierendengruppen auch, unseren Aktivitäten und Beteiligungen die Chance auf universitäre Finanzierung und Ressourcen zu nehmen. Diese Mittel sind dazu gedacht, das Lernen aller Studierenden zu unterstützen. Dies ist ein klarer und rassistischer Verstoß gegen die Ethik, unsere Rechte und die lebendige Menschlichkeit der palästinensischen, jüdischen und BIPOC-Studierenden. Wir schließen uns dem weltweiten Kampf gegen staatliche und polizeiliche Gewalt, gegen Imperialismus und (Siedler-)Kolonialismus, gegen systemischen Rassismus an und stehen in Solidarität mit den weitreichenden Protesten von #blacklivesmatter und anderen Organisationen gegen die Weiße Vorherrschaft. In der Tat ist es die Weiße Vorherrschaft, die die Palästinenser systemisch unterdrückt und die Idee des Judentums in den Köpfen mancher Menschen so verzerrt hat, dass sie eine Entschuldigung für anhaltende Ungerechtigkeit ist.
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[1] Um auf die herunterladbare Datei des Anhangs zuzugreifen, klicken Sie bitte hier
[2] Um auf die herunterladbare Datei der referenzierten "Researched Speaking Contents/Texts" zuzugreifen, klicken Sie bitte hier
[3] https://www.btselem.org/publications/fulltext/202101_this_is_apartheid
[4] https://www.hrw.org/report/2021/04/27/threshold-crossed/israeli-authorities-and-crimes-apartheid-and-persecution
[5] Zugang zum herunterladbaren Bericht von Amnesty International in der Sprache Ihrer Wahl: https://www.amnesty.org/en/documents/mde15/5141/2022/en/
II. UPDATE: Ein vierter Protest mit der Forderung nach Gerechtigkeit für Palästina: wurde am Abend des 22. November 2021 vom Studierendenparlament der Universität Münster mit polizeilicher Repression angegangen
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Am Montag, den 22.11.2021, nahmen MitgliederInnen von Palästina Antikolonial an der Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) der WWU teil, um gegen die anhaltende Pathologisierung der von PalästinenserInnen geführten Graswurzelbewegung "Boykott, Desinvestition und Sanktionen" (BDS) zu protestieren. BDS legt den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Widerstandsstrategien gegen die anhaltende Apartheid und Verfolgung der einheimischen PalästinenserInnen durch den Staat Israel und ist eine Bewegung, die sich ausdrücklich an ähnlichen Boykottbewegungen orientiert, die von einheimischen AfrikanerInnen gegen das Apartheidregime in Südafrika geführt wurden. In der Sitzung sollte u.a. über einen Antrag der sog. ‚Kritischen Linken‘ abgestimmt werden, der sich gegen den Vortrag "Die BDS-Debatte & die deutsche Linke" (am 15.12.2021 um 19 Uhr im Hörsaal S1, Schloss) richtete. Trotz weltweiter Aufrufe, BDS nicht mit Antisemitismus zu verwechseln, und trotz des Wunsches vieler Studierender in Münster, die wichtige Geschichte und Existenz solcher Widerstandsbewegungen gegen die Apartheid zu diskutieren, haben die Mehrheitsparteien des StuPa den Versuch fortgesetzt, jede Diskussion zu blockieren, die sich mit Palästina oder seinen Graswurzelbewegungen beschäftigt. Konkret forderte der Antrag der Kritischen Linken die Universität auf, den von studentischen AktivistInnen reservierten Raum für den BDS-Vortrag zu entziehen, obwohl diese Universitätsräume ausdrücklich für solche studentischen Diskussionen und Veranstaltungen vorgesehen sind.
Ziel des Palästina Antikolonial Protestes war es, die StuPa-MitgliederInnen über BDS zu informieren und zu verdeutlichen, dass es schlichtweg falsch ist, BDS als antisemitisch zu bezeichnen, die Meinung zahlreicher WissenschaftlerInnen im Forschungsbereich Antisemitismus [1] zu ignorieren und obendrein das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Meinungsfreiheit [2] zu verletzen, indem Studierende unserer Universität mit hämischen und/oder ignoranten Begründungen mundtot gemacht werden.
Der Antrag sollte als letzter von 12 Tagesordnungspunkten behandelt werden, was bedeutete, dass die Diskussion über ein so wichtiges und historisch komplexes Thema in den späten Abend geschoben wurde. Dies ist ein Verstoß gegen den Grundsatz des StuPa, Tagesordnungspunkte vorzuziehen, für die eigens Studierende (d.h. NichtmitgliederInnen des StuPa) zur Sitzung kommen. Dieser sinnvolle Grundsatz, der von Respekt und Gastfreundschaft gegenüber KommilitonInnen zeugt, gilt offenbar nicht für palästinasolidarische Studierende. Bereits im vergangenen Jahr wurden Palästina Antikolonial-MitgliederInnen und ihre Verbündeten bei StuPa-Sitzungen respektlos behandelt. Bei einem der ersten Treffen mussten wir beispielsweise alle über vier Stunden warten, bis das Thema BDS/Palästina aufgerufen wurde. Nachdem man uns vier Stunden lang mit trockener Bürokratie warten ließ, entschied die Mehrheit der Mitglieder aus einer Laune heraus mitten in der Diskussion, dass sie "jetzt zu müde [sind, um das Thema zu diskutieren], wir werden den Punkt verschieben und ihr könnt nächste Woche wiederkommen" (Sitzung vom 18.01.2021). In der darauffolgenden Woche erschienen wir erneut, nur um über Zoom angefeindet zu werden (01.02.2021), unsere Videos mitten in der Diskussion abgeschaltet zu bekommen und anschließend für den Rest der Sitzung das Rederecht zu verlieren.
Obwohl die Diskussion dieser Themen Sensibilität und Raum erfordert, haben die MitgliederInnen der StuPa-Mehrheit insgesamt antidemokratische Taktiken angewandt, um zu verhindern, dass abweichende Stimmen gehört werden, die sie als unangenehm für ihre vorgefassten Meinungen empfinden - zum Beispiel zu BDS. Insgesamt ist dies ein Versuch, eine totalitäre Mehrheit aufrechtzuerhalten, indem manipuliert wird, welche Informationen den anderen StuPa-MitgliederInnen und Beobachtern präsentiert (oder vorenthalten) werden. Der grundlegende Antrieb für dieses Verhalten bestand NICHT darin, die demokratische oder intellektuelle Verantwortung wahrzunehmen, für die diese studentischen Gremien eigentlich da sind. Stattdessen erleben wir einen Zwang, der von den Verfechtern eines engstirnigen Status Quo ausgeht, um durch Einschüchterung und Konformismus sicherzustellen, dass studentisch geführten Gruppen wie Palästina Antikolonial finanzielle Unterstützung und Räume an der Universität verweigert werden. Anstatt zu aktivem studentischem Engagement aufzurufen, hat das StuPa von den Studierenden verlangt, unhinterfragt das durchzusetzen, was der Mehrheitspartei passt, die ohnehin darauf beruht, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen.
Nachdem dieser Kontext erörtert wurde, kehren wir zu der Darstellung zurück, wie sich die StuPa-Sitzung am 22.11.2021 entwickelte. MitgliederInnen von Palästina Antikolonial beantragten, dass das BDS-Thema im Einklang mit dem Grundsatz des demokratischen Respekts gegenüber KommilitonInnen vorgezogen wird. Als dies (ohne Abstimmung) abgelehnt wurde, begannen wir, unsere Rechte als Studierende einzufordern, indem wir den "Offenen Brief von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern an die deutsche Regierung" vorlasen. Dieser Brief warnt davor, BDS mit Antisemitismus gleichzusetzen und beschreibt genau die Auswirkungen, die diverse Gruppen wie Palästina Antikolonial und das AStA-eigene Autonome BIPoC-Referat erdulden mussten: dass UnterstützerInnen palästinensischer Menschenrechte fälschlicherweise als antisemitisch abgestempelt und damit ausgegrenzt werden.
Die meisten StuPa-MitgliederInnen verließen den Raum, um den vorgetragenden Brief nicht zu hören, während andere (wie die Mitglieder des Autonomen BIPoC-Referats) blieben, um unsere Darstellungen zu hören und unsere Informationspakete zu lesen, die wir vor der Sitzung an die StuPa-MitgliederInnen verteilt hatten [3]. In der Zwischenzeit wurde der Hausmeister des Gebäudes hinzugezogen, um die Situation im Namen der StuPa-Mehrheitsparteien zu klären (wiederum ohne Abstimmung oder Diskussion). Der Hausmeister versuchte aggressiv, uns aus dem Raum zu werfen, was wir mit dem Hinweis auf unsere Rechte als Studierende ablehnten. Da wir weiterhin unsere recherchierten Texte vorlasen [4] und der Hausmeister es nicht schaffte, uns mit seinem Geschrei und seinen Autoritätsbekundungen einzuschüchtern, sahen sich die MitgliederInnen der StuPa-Mehrheit dazu veranlasst, die Polizei zu rufen (Das Autonomes BIPoC-Referat [5] und Mondoweiss [6] haben ihre eigene Berichterstattung über den Polizeieinsatz im StuPa veröffentlicht).
Das mag nach Satzung des StuPa, Hausrecht und blabla, alles korrekt sein. Wir fragen die StuPa-Mitglieder trotzdem: Was maßt ihr euch an? Ihr schreibt „Lebendige Demokratie“ auf eure Website, könnt aber mit Protest gegen eure Strukturen und eure repressive Politik gegen Studierende nicht anders umgehen, als die Bullen zu rufen? Ihr wurdet von gerade mal 9% der Studierenden gewählt, wollt uns dann aber an der Uni silencen indem ihr uns das Recht auf Räume und Gelder entzieht, indem ihr uns mehrfach in Sitzungen das Rederecht entzieht, und dann nennt ihr uns antidemokratisch?
Dass die StuPa-Mehrheit das Bedürfnis hatte, die Polizei zu rufen, zeigt, dass sich diese MitgliederInnen angegriffen und in Gefahr fühlten. Wir fragen: Was wurde angegriffen, als Palästina Antikolonial anfing, gut recherchierte Materialien zu verlesen; als Palästina Antikolonial standhaft blieb, während die Mehrheitsmitglieder wiederholt versuchten, uns aus dem Raum zu entfernen - bis hin zur Aufforderung zum Einsatz von Polizeigewalt! Angegriffen wurde natürlich der engstirnige, selbstbeschränkende Egoismus der StuPa-Mehrheitsmitglieder und ihr Schutz rassistischer, autoritärer Machtformen, auf die sie sich auf Kosten und zum Schaden des studentischen und intellektuellen Lebens immer noch berechtigt fühlen. Empathie verlangt von uns, uns gegen solche Strukturen zu wehren, bis sie zusammenfallen, und unser Wunsch nach einer widerstandsfähigen und offenen Gesellschaft motiviert uns dazu, Ignoranz und systemischen Rassismus bewusst und offen zu konfrontieren, bis ihre Strukturen zusammenbrechen. Deshalb: Nieder mit der Apartheid gegen die indigenen Palästinenser und nieder mit den geistigen Fesseln, die sie aufzwingen!
Unsere Reihe von Protesten im StuPa hat die strukturelle Diskriminierung aufgedeckt, die der Einrichtung und Aufrechterhaltung dieses Mehrheitsblocks zugrunde liegt. Unsere Proteste haben nicht nur die häufigen Mikroaggressionen und andere heimtückische Formen des systemischen Rassismus ans Licht gebracht, sondern auch die Beleidigungen, die explizit von den MitgliederInnen des StuPa selbst geäußert wurden! Während der drei Treffen, die dem 22.11.2021 vorausgingen, fühlten sich die MitgliederInnn des StuPa und ihre UnterstützerInnen ermutigt, wahrscheinlich aufgrund der anhaltenden Untätigkeit der Universitätsverwaltung, palästinasolidarische Studierende als "Terroristen", "Antisemiten" und TrägerInnen des "Markenzeichen des palästinensischen Terrors" (d.h. ihre ignorante Beschreibung der Kufiyah) zu bezeichnen. Bei einem dieser ersten Treffen ging ein solches Mitglied sogar so weit, einem internationalen Studenten von Palästina Antikolonial zu sagen, er solle "in sein Land zurückgehen, wenn ihm die Art und Weise, wie die Dinge hier gemacht werden, nicht gefällt".
Da die Mitglieder der StuPa-Mehrheit nicht nachdenklich genug waren, um dieses Verhalten einzustellen, setzten sie diese Beschimpfungen gegen die protestierenden Studierenden am Abend des 22.11.2021 fort, wobei sie von der StuPa-Moderatorin ermutigt wurden, die sich über die Mitglieder von Palästina Antikolonial lustig machte, als diese das Wort ergriffen. Es gibt einen besonderen Vorfall von diesem Abend, der bezeichnend für die rassistische Misogynie ist, die StuPa-MitgliederInnen gegen Studierende von Palästina Antikolonial eingesetzt haben, und die Erinnerung daran macht uns sowohl traurig als auch wütend. Gleich zu Beginn der Sitzung wurde eine weibliche PoC-Genossin von männlichen StuPa-Mitgliedern ständig zur Zielscheibe von schmutzigen Blicken und Gelächter gemacht. Unsere Genossin reagierte gelassen und winkte den Männern zu, die daraufhin wegschauten. Später, als sie von der Polizei hinausbegleitet wurde, machte einer dieser Männer eine abfällige Bemerkung über ihr Aussehen, indem er ihr direkt in die Augen sah und sagte: "Du bist so hässlich". Es muss wohl nicht erwähnt werden, dass niemand aus dem StuPa, nicht einmal die Moderatorin, auf derartige Beleidigungen reagierte.
Dennoch bleibt uns nichts anderes übrig, als immer wieder zu StuPa-Sitzungen zu gehen, wenn versucht wird, unmenschliche, verfassungswidrige und diffamierende Beschlüsse über uns oder über BDS und die palästinensische Menschenrechts- und Widerstandsbewegung zu fassen. Überall dort, wo sie versuchen, ihre Macht so auszuüben, dass sie Studierende diskriminieren, und weil sie ihre Macht krampfhaft missbrauchen, um (studentischen) Widerstand gegen die Unmenschlichkeit der Apartheid (z.B. in Palästina) zu unterdrücken. Unsere sich verflechtenden Graswurzelbewegungen für Gerechtigkeit werden sich auch weiterhin, ob in Palästina oder in Münster, widerstandsfähig für die Stärkung von Vielfältigkeit, offenem Austausch und Diskussion einsetzen. Schließlich sollten die MitgliederInnen des StuPa unsere Vertretung sein, stattdessen versuchen sie jedoch, Studierende voneinander abzugrenzen, indem sie Fehlinformationen über BDS verbreiten und sich auf Definitionen von Antisemitismus berufen, die zumindest hochproblematisch [7] und wissenschaftlich umstritten, wenn nicht sogar schlichtweg falsch sind [8]. Wir als (solidarische) MitgliederInnen von Widerstandsbewegungen - in voller Unterstützung und engagierter Zusammenarbeit mit palästinensischen Bewegungen - vertreten uns also selbst, ob es ihnen nun passt oder nicht.
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[1] https://ia803200.us.archive.org/24/items/2019-06-03_Aufruf-von-240-juedischen-u-israelischen-Wissenschaftlern-an-Bundesregierung-zu-BDS/2019-06-03_Aufruf-von-240-juedischen-und-israelischen-Wissenschaftlern-an-die-Bundesregierung-zu-BDS-und-Antisemitismus.pdf
[2] https://www.bundestag.de/resource/blob/814894/cf6a69d010a1cc9b4a18e5f859a9bd42/WD-3-288-20-pdf-data.pdf
[3] Um auf die herunterladbare Datei des erwähnten "Informationspakets" zuzugreifen, klicken Sie bitte hier
[4] Um auf die herunterladbare Datei der referenzierten "Researched Speaking Contents/Texts" zuzugreifen, klicken Sie bitte hier
[5] https://www.instagram.com/p/CW51R-LtMu3/
[6] https://mondoweiss.net/2021/12/german-police-remove-pro-palestinian-students-from-campus-meeting/
[7] https://www.jpost.com/judaism/progressive-jewish-groups-oppose-codification-of-ihra-antisemitism-definition-655293
[8] https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/rls_papers/Papers_2-2019_Antisemitismus.pdf
Dieser Bericht (2021) mit dem Titel „Die Bekämpfung des globalen Imperialismus an unserer lokalen Universität“ wurde von studentischen AktivistInnen in Zusammenarbeit mit Palästina Antikolonial geschrieben und/oder produziert. Dieses Projekt wird nun durch ein anderes Aktionsbündnis unterstützt. Um über den Bericht (2021) und die damit verbundenen Themen, Gemeinschaftsinitiativen und anhaltenden Diskussionen auf dem Laufenden zu bleiben, sendet uns bitte eine E-Mail an:
grassrootsjusticepalestine@gmail.com