Redebeitrag auf der Demonstration am 19.02.2022. Hanau ist kein Einzelfall, Widerstand überall!

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Heute haben wir uns wieder versammelt, um unseren in Hanau ermordeten Geschwistern zu gedenken: Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu.

 

 

Diese Menschen und ihre Namen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Das Gedenken an Hanau sollte uns auch ein Anlass sein, die rassistischen Strukturen und das System, das diese am Leben hält, zu benennen und zu bekämpfen. Wir müssen unseren Kampf gegen dieses System weiterhin gemeinsam aufbauen, damit Hanau nie wieder passiert. Das heißt auch Verbindungen aufzuzeigen.

 

 

Leider wollen viele so tun, als hätte das rassistische System hier nichts mit rassistischen Systemen woanders zu tun. Wir sagen: Der Rassismus hier und überall hat den gleichen Charakter. Rassismus tötet immer und überall, in welchem Gewand und mit welcher Begründung auch immer er daherkommen mag. Ob deutsche rechte Terroristen Migrant*innen ermorden oder türkische rechte Terroristen Kurden*Kurdinnen ermorden oder israelische rechte Terroristen Palästinenser*innen ermorden. Überall ist der Staat mit seinen Bullen und Geheimdiensten an den rassistischen Massakern beteiligt und schürt den Rassismus, um jede Verschwisterung innerhalb der ausgebeuteten Klasse zu verhindern. Rassismus ist ein Instrument der herrschenden Klasse, das eingesetzt wird, um die Kontrolle über die ausgebeutete Klasse zu sichern. Sobald es eine ökonomische Krise gibt, oder eine innenpolitische Krise, werden rassistische Erzählungen wieder befeuert, wird gegen Geflüchtete, Clans, Parallelgesellschaften oder kriminelle Banden gehetzt.

 

 

In der Türkei wird der Rassismus gegen Kurd*innen befeuert, um die Bevölkerung von der politischen und wirtschaftlichen Krise abzulenken und gegeneinander aufzuhetzen und um eine kurdische Befreiung und Autonomie zu verhindern. Die koloniale Politik Chinas in Ostturkestan, Xinjiang genannt, befeuert den Rassismus gegen die Uigur*innen und steckt Tausende in Internierungslager, um den Kampf um Befreiung und Autonomie zu ersticken und die Rohstoffe und menschliche Arbeitskraft der Region auszubeuten. Die zionistische Politik Israels befeuert den Rassismus gegen die Palästinenser*innen, um eine siedlerkoloniale Ethnokratie auf einem Gebiet aufrechtzuerhalten und auszubauen, in dem palästinensische Muslim*innen, Christ*innen, Jüdinnen*Juden und syrische Drus*innen leben. Die herrschende Klasse in Deutschland schürt den Rassismus, um einen gemeinsamen Kampf der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu verhindern, indem diese gegeneinander ausgespielt werden. Es ist der gleiche Staat, der Geflüchtete in den Ausländerbehörden schikaniert und Menschen im Jobcenter schikaniert. Es ist die gleiche Polizei, die Geflüchtete abschiebt und danach die gewaltsame Zwangsräumung der Nachbarfamilie durchsetzt. Aber solange der weiße Teil des deutschen Prekariats, also Menschen in unsicheren Arbeitsbedingungen, Hartz-IV Empfänger*innen oder Arbeitslose gegen ihre nicht-weißen Klassengeschwister, gegen Geflüchtete und Migrant*innen aufgehetzt werden, solange wird erfolgreich abgelenkt von der Herrschaft der Kapitalistenklasse mit ihrem Klassenstaat.

 

 

Überall auf der Welt setzt die herrschende Klasse Rassismus ein, um zu spalten und zu herrschen. Und überall müssen Menschen wie wir heute auf die Straßen gehen und ihrer ermordeten Freund*innen und Geschwister gedenken. In unseren Herzen tragen wir das Gedenken an alle Menschen, die durch rassistische Angriffe ermordet wurden oder im Widerstand gegen die rassistischen Strukturen gefallen sind. Unsere Trauer und unsere Wut verwandeln wir in Kraft, um gegen dieses System, und alle rassistischen, menschenverachtenden Systeme zu kämpfen. Erst wenn wir erkennen, dass die herrschende Klasse vom rassistischen Dauerzustand profitiert und ein Interesse an dessen Aufrechterhaltung hat, können wir Seite an Seite mit allen unseren Geschwistern stehen und der Fremdherrschaft über uns alle ein Ende setzen. Kapitalismus tötet. Rassismus tötet. Hanau ist kein Einzelfall. Hanau ist überall.